29.04.08

29.4.1980: Hitchcock tot

Sehen Sie die Dusche? Sehen Sie Janet Leigh, wie sie zu Boden stürzt, getroffen von den Messerstichen durch Anthony Perkins? Dann haben Sie "Psycho" gesehen und in diesem Fall auch gehört. Denn die Musik von Bernhard Herrmann ist mit diesem Thriller unwiderruflich verbunden, genauso wie nur ein Regisseur 1960 diesen Kinoschocker drehen konnte: Alfred Hitchcock.

Als Sohn eines Gemüsehändlers beginnt Alfred Hitchcocks Interesse am neuen Medium Film während seines ersten Jobs bei der Henley Telgraph und Cable Company 1915. Als 1920 ein Filmstudio in London aufmacht, arbeitet Hitchcock als Zeichner für die Zwischentitel und Eröffnungssequenzen. Als der Regisseur von "Always tell your Wife" erkrankt, bietet sich Hitchcock an, den Film fertig zu drehen. Er bekommt danach einen Anschlussjob und mit seinem zweiten Film "The Pleasure Garden" ("Irrgarten der Leidenschaft") beginnt die Regiekarriere des damals 26-Jährigen.

Schnell wird er zum reinen Thriller-Regisseur. Der Wechsel vom Stumm- zum Tonfilm gibt ihm nur noch mehr Möglichkeiten, das Publikum in den Bann zu ziehen. "The Man who knew too much", 1934, "The 39 Steps", 1935, und "Sabotage", 1936, sind bis heute Klassiker. Überhaupt, Hitchcocks Filme sind nahezu zeitlos, sagt der Journalist und Autor des Buches "Alfred Hitchcock", Lars Olav Beier:

"Was Hitchcock auszeichnet ist, dass seine Filme auch heute noch sehr modern wirken, auch wenn sie über 60 Jahre alt sind. 'Die 39 Stufen', das ist ein Film aus den 30er Jahren, kann z.B. was das Tempo angeht, mit jedem heutigen Thriller problemlos mithalten. Hitchcock hat ja mal gesagt, dass was das Kino vom Leben unterscheide, sei, dass man im Kino eben die langweiligen Teile 'rausschneiden könne. Ich weiß nicht, ob das so als Generaldefintion für das Kino taugen kann, aber auf jeden Fall taugt es für Hitchcocks Filme."

Schon früh, ab "The Lodger",1926, zeichnen sich Hitchcocks Filme vor allem durch ein Merkmal aus: Er taucht als Statist selber auf.

Lars Olav Beier: "Das war ja sein Markenzeichen. Hitchcock war ja ein früher Popstar, könnte man sagen, der seine eigene Persona durch seine Filme und die Vermarktung seiner Filme sehr bekannt gemacht hat. Er ist der von seiner Physiognomie her bekannteste Regisseur überhaupt. (...) Hitchcock ist sehr bekannt. Da sagen alle ja, das ist der runde Mann mit der Glatze, mit dem Doppelkinn, mit dieser tiefen Stimme. Das ist natürlich etwas, was er sehr bewusst gemacht hat. Aber auch wenn er nicht auftauchen würde, würde man einen Hitchcock-Film sofort erkennen."

Und zwar an der zur Filmdramaturgie avancierten Angst, "Suspense", wie der Regisseur es nannte. Hitchcock machte die Zuschauer zu seinen Komplizen. Der Zuschauer weiß, wodurch und von wem der Held der Geschichte bedroht ist, während dieser jedoch völlig ahnungslos auf der Leinwand in die Falle läuft. Der Zuschauer ist wissend, aber ohnmächtig.

1939 ging Hitchcock nach Hollywood. Im Gegensatz zu seinen US-amerikanischen Kollegen drehte er seine Filme nach seinen Vorstellungen und nicht nach denen des Produzenten. Das war für den "Vom Winde verweht"-Mogul David O. Selznick, der Hitchcock mit einem Sieben-Jahres-Vertrag in die USA gelockt hatte, zunächst nicht leicht zu schlucken. Doch "Rebecca", Hitchcocks erster US-Film, wurde zum Erfolg und Selznick gewöhnte sich an den Dickkopf seines Regisseurs.

Kommerziell war der Brite schnell erfolgreich, doch hätte wohl niemand daran gedacht, Hitchcock als Jahrhundertkünstler zu bezeichnen. Erst 1954 begann mit der Themenausgabe der "Cahiers du Cinema" die Würdigung des Werks aus künstlerischer Sicht. Chabrol, Rivette, Rohmer und Truffaut widmeten dem Regisseur das Heft 39 und bezeichneten Hitchcock erstmals als Künstler.

In Hitchcocks fruchtbarster Periode zwischen 1954 und 1963 wurde er schließlich mit "Das Fenster zum Hof", "Der unsichtbare Dritte", "Psycho" und "Die Vögel" zum einflussreichsten und bekanntesten Regisseur der Filmgeschichte. Auch Jahre nach seinem Tod am 29. April 1980 prägen seine Filme immer wieder neue Regisseur-Generationen, sagt der Filmkritiker Beier:

Lars Olav Beier: "Was man heute im Kino erlebt, ist im Grunde genommen, ich will nicht sagen ein Abklatsch, von dem was Hitchcock gemacht hat, aber bestenfalls ist es eine gute Variante aber ich habe nicht den Eindruck, das es irgendeinen Regisseur gibt, der Hitchcock auf seinem eigenen Terrain und das sind nun mal diese Geschichten, wirklich Paroli bieten kann."

Autor: Jens Teschke

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