19.07.08

19.7.711: Moslems schlagen König Roderich

Frühsommer des Jahres 711, der Angriff kam nicht überraschend. Seit Wochen waren immer mehr Berber im Auftrag des Emir Musa aus Tanger in Spanien eingetroffen. Tarik Ibn Ziyad, Gouverneur der Stadt Tanger, war schon vor ein paar Wochen in der Bucht von Algeciras mit rund achttausend Mann gelandet, am Felsen von Calpe. Später nannte man den Felsen Berg des Tarik, den Djabal Tarik, heute ist es Gibraltar.

Die in Spanien regierenden Westgoten unter König Roderich sind zerstritten, reagieren nicht auf die schleichende Invasion. Doch dann kommt es zum ersten blutigen Zusammenstoß zwischen Arabern und Westgoten am 19. Juli 711. Eine historische Schlacht.

12.000 Mann auf der Seite der Araber gegen 100.000 Goten unter König Roderich. Bei der Laguna de la Janda treffen sie aufeinander und wüten tagelang. Doch die zahlenmäßige Überlegenheit des gotischen Heeres nutzt nichts. Die Generäle des Königs sind mehr mit Intrigen untereinander beschäftigt, als mit dem arabischen Feind.

Der Westgotenstaat ist am Ende. Die wenigen tausend Soldaten der Araber dringen in ein Reich ein, das im Inneren bereits längst zusammengebrochen war. Der Historiker Michael Borgholte von der Humboldt Universität Berlin sagt, dass die Westgoten die Gefahr durch die Araber einfach nicht richtig wahrnahmen:

Michael Borgholte: "Wir wissen, dass die Invasion bis 716 fast bis zu den Pyrenäen vorgestoßen ist, also ein unglaublich schneller Vormarsch der Araber - die ihre militärische Tüchtigkeit ja schon im siebten Jahrhundert im Nahen Osten unter Beweis gestellt hatten - und dass dieser Vormarsch 716 abrupt abgebrochen ist, nachdem die christliche Vorbevölkerung sich einigermaßen erholt hatte und zu Gegenmaßnahmen in der Lage war."

In nur sieben Jahren gelang es den Arabern, von Süden nach Norden zu marschieren und sich als neue Machthaber zu etablieren. Das Reich der Kalifen erstreckte sich nun von Damaskus in Syrien bis auf eine Linie zwischen Coimbra und Pamplona in Spanien. Der Kampf gegen den Islam in Europa begann mit dem Überschreiten der Pyrenäen durch die Araber 718. Zwar legten sie feste Stützpunkte in Toulouse und Narbonne an, doch der schnelle Sieg der spanischen Eroberung ließ sich nicht wiederholen.

732 wurde der arabische Vormarsch nach Nordwesten bei Poitiers und Tours durch Karl Martell entscheidend gestoppt. Die Mauren zogen sich zurück nach Spanien.

Dort entstand nun eine Kultur, die Europa mit golddurchwirkten Stoffen, Glas, Porzellan, Teppichen, Seide und einer prächtigen Architektur voller Ornamente bereicherte. Eine Kultur, die vergessenes Wissen aus Europa wieder zurück nach Europa bringt. Besonders für die Juden brach unter den muslimischen Eroberern die Zeit der "Goldenen Diaspora" an:

Michael Borgholte: "Wir wissen von jüdischen Medizinern, die am Kalifenhof tätig gewesen sind, nicht nur als Mediziner, sondern auch als Berater der Kalifen. Wir wissen aber auch vor allem von jüdischen Übersetzern, die die griechischen Philosophen wie Aristoteles und Euklid aus dem Arabischen übersetzt haben in die Landessprache und die dann den christlichen Autoren ermöglicht haben, diese Texte ins Latein zu übersetzen."

Es war Toledo, wohin zahlreiche Gelehrte aus England, aus Frankreich und aus Deutschland kamen. Hier in der "Stadt des Wissens" studierten sie die antiken Überlieferungen. Und so sagt Professor Borgholte:

"Eigentlich ist es der abendländische Aufbruch des hohen Mittelalters, beruht auf der Rezeption antiker Philosophie und Wissenschaft, vermittelt durch die arabische Überlieferung."

Doch der kulturelle Höhepunkt geht einher mit der langsam einsetzenden Reconquista, der Rückeroberung Spaniens durch die Christen. Die Muslime ziehen sich nach verlustreichen Schlachten aus den jeweiligen Regionen gänzlich zurück. 1493 sind sie endgültig besiegt und die radikale Katholisierung des Landes folgt.

Doch noch heute erinnern die Paläste von Granada und in Kirchen umgewandelte Moscheen in Cordoba und Sevilla an die Zeit der Araber in Spanien, die am 19. Juli 711 begann.

Autor: Jens Teschke

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