24.08.08

Carnuntum Weltstadt im Land der Barbaren

Der römische Offizier und Historiker Villeius Paterculus berichtete sechs nach Christus, dass ein unter dem Feldherrn Tiberius stehendes römisches Heer sein Winterlager im keltischen Königreich Noricum errichtete. Der genaue Ort der Niederlassung wird als "Carnuntum" bezeichnet. Das war die Geburtsstunde der legendären, römischen Großstadt im "Land der Barbaren", später auch als Klein-Rom an der Donau bezeichnet.

Mit 3-D-Animationen und Spielszenen wird das Leben und Treiben in der antiken Metropole wieder zum Leben erweckt.




Gegen die Markomannen zu Felde
Vor 2.000 Jahren sammelte sich eine römische Armee, von Ungarn kommend, am Südufer der Donau, um diese nordwärts zu überqueren. Man wollte gegen die Markomannen zu Felde ziehen, ein germanischer Volksstamm, der Rom feindlich gesinnt war und seinerzeit jenseits des Nordufers der Donau seinen Aufenthalt hatte - wahrscheinlich in der Region des heutigen Weinviertels.
Die abenteuerliche Überquerung der Donaumäander, von Süd nach Nord, war zuvor von den Römern noch niemals gewagt worden.


Römische Donaumetropole
Vier Jahrhunderte hielten sich die römischen Invasoren an der Donaumetropole, dann begann der Niedergang, wahrscheinlich ausgelöst durch ein verheerendes Erdbeben. Der erste große Aufschwung Carnuntums vollzog sich durch die Anbindung an die sagenumwobene Bernsteinstraße. Diese führte direkt in den Süden bis nach Aquileia, und von dort bis an die Nord- und Ostsee. Dadurch konnte Carnuntum regelmäßig und rasch mit allen benötigten Gütern versorgt werden. Bereits 50 nach Christus war ein befestigtes Römerlager entstanden, um das sich nach und nach eine Zivilstadt entwickelte.


Quartier von Kaiser Marc Aurel
Schon nach weiteren 50 Jahren wurde ein Amphitheater aus dem Boden gestampft, um nach römischem Vorbild Gladiatorenkämpfe auf Leben und Tod abzuhalten. Carnuntum erlangte rasch eine derart strategische Bedeutung, dass sogar römische Kaiser ständig ihr Quartier aufschlugen: Marc Aurel wurde 171 nach Christus in Carnuntum sesshaft. Seine Hauptaufgabe war es, gegen die immer stärker werdenden Markomannen zu kämpfen, deren einziges Ziel es war, die römische Kultur und Carnuntum zu vernichten. In jahrelangen, zähen Kämpfen gelang es Marc Aurel, die Barbaren zurückzuschlagen. Der römische Kaiser, der als großer Philosoph galt, verfasste in Carnuntum sogar das zweite Buch seiner berühmten "Selbstbetrachtungen".



Römerlager und Zivilstadt
Besonders ausführlich beschäftigt sich der Film mit den ganz alltäglichen Dingen des römischen Lebens vor 2.000 Jahren, die aus heutiger Sicht besonders interessant erscheinen. Wie hat die normale Zivilbevölkerung gelebt? Und wie der einfache Soldat? Was wurde gegessen und was wurde getrunken?

Antworten auf diese und viele Fragen mehr sind in den aufwendig inszenierten Spielszenen verpackt. Der Zuschauer erfährt, wie der so genannte "Puls", der Eintopf, in der römischen Armee zubereitet wurde, aber auch, was die so genannte High Society tafelte: Die Oberschicht Carnuntums genoss kulinarisch nahezu jeden Luxus. Sogar frische Austern, die man in salzwasserbefüllten Holzfässern von der Adria bis an die Donaumetropole transportierte, standen auf der Speisekarte. Doch nicht nur "was" gekocht wurde, sondern auch "wie" gekocht wurde, zeigt der Film in hyperrealistischen Bildern.

Der multikulturelle Einfluss in Carnuntum brachte aber nicht nur Segen: Durch die Anbindung an die großen, internationalen Handelsrouten gelangte auch so mancher ungebetene Gast in die "Weltstadt im Lande der Barbaren". Etwa die Schwarze Hausratte. Diese Tierart gab es vorher in Österreich nicht und wurde über Indien in den mediterranen Raum und schließlich bis nach Carnuntum eingeschleppt. Zum Teil mit verheerenden Folgen, denn die Schwarze Hausratte war der Überträger des Schwarzen Todes, der Pest. Noch viele Jahrhunderte später wurden durch die Pest Millionen Menschen des Mittelalters dahingerafft. Carnuntum war also das frühe Tor für den Schwarzen Tod.

Westlich der Stadt wurde an der Donau ein militärisches Versorgungslager eingerichtet, das man Vindobona nannte. Nichts anderes als die Keimzelle des heutigen Wien! Bis heute ist die römische Spur erhalten geblieben, denn der erste Wiener Gemeindebezirk folgt in seinen Grundrissen dem ehemaligen römischen Militärlager!


Badekultur und Lagerleben
Bereits vor 2.000 Jahren wurden in Carnuntum die vorhandenen Thermen genutzt. So zeigt der Film auch in perfekten Rekonstruktionen die Badekultur der Römerinnen: u.a. zeigt er, dass der Bikini schon in der Antike erfunden wurde.

Die Spieldokumentation deckt nicht nur die großen Ereignisse der vier römischen Jahrhunderte ab, sondern folgt auch dem Lauf der Jahreszeiten. Denn während die Menschen in der Stadt die Wintermonate relativ bequem erleben konnten, mussten die Legionäre bei ihren ständigen Erkundungsmärschen in Eis und Schnee übernachten - nur durch dünne Stoffzelte geschützt.

Letztlich ist aber nicht nur die römische Kultur Thema des Films, sondern auch die Umwelt vor 2.000 Jahren. Zum Teil sahen sich die Römer in Österreich mit Tieren konfrontiert, die heute längst ausgestorben oder verschwunden sind. Der Film lässt den legendären Ur- oder Auerochsen wiederauferstehen und zeigt imposante Aufnahmen des Wisents, den europäischen Vetter des amerikanischen Büffels, der ebenfalls Zeitgenosse der Römer war.

Premiere feiert auch der größte Süßwasserfisch der Welt, der Hausen. Diese bis zu neun Meter große Störart war vor 2.000 Jahren sogar relativ häufig in den Donaugewässern anzutreffen und wurde von den Römern gejagt. Die größten bekannten Exemplare waren doppelt so groß wie ein durchschnittlicher weißer Hai. Weltweit wird erstmals gezeigt, wie die Römer mehrere Meter große Exemplare überwältigten.


Zeitfenster in die Antike
Mitte des vierten Jahrhunderts wurde Carnuntum von einem schweren Erdbeben heimgesucht. Dies ist gleichzeitig der Anfang vom Ende, denn auch die römische Welt geriet ins Wanken, und Militär- und Zivilbevölkerung verließen nach und nach die ehemalige "Weltstadt im Land der Barbaren".

Grundsätzlich wurden für dieses außergewöhnliche Dokumentationsvorhaben Rüstungen, Waffen, Kleidungsstücke oder Bauwerke bis ins kleinste Detail rekonstruiert. Dadurch erhalten die Zuseher die Möglichkeit, in eine perfekt nachempfundene Welt der Antike einzutauchen. Dem Regisseur und Produzenten Prof. Dr. Kurt Mündl war es wichtig, "ein Zeitfenster zu öffnen, um am Leben und Treiben der Legions- und Zivilbevölkerung hautnah teilhaben zu können".

Die gesamte Spieldokumentation wurde mit modernster Technik in High Definition gedreht und mit hoch qualitativen Animationen veredelt. Auch Trickspezialisten und Konsulenten, die bei dem großen Spielfilm "Gladiator" mitwirkten, konnten für diese Dokumentation als Mitarbeiter gewonnen werden.


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