29.12.08

Varusschlacht: Marsch ins Verderben (2v5)

Varus kann nicht glauben, was ihm Segestes, ein Parteigänger Roms, erzählt. Eine Verschwörung gegen ihn, gegen Rom? Arminius - ein Verräter? Der 25-jährige Cherusker hat sich wie kein anderer Germane auf Feldzügen des Imperiums ausgezeichnet. Er hat nicht nur wie Segestes das römische Bürgerrecht, sondern ist von Kaiser Augustus sogar zum Ritter erklärt worden; dem zweithöchsten gesellschaftlichen Stand des 50-Millionen-Reiches gehören gerade einmal 20 000 Menschen an. Varus vermutet eine Intrige. Er weist Segestes zurück - ein tödlicher Fehler.

Doch Varus' Zweifel sind verständlich: Schließlich ist Arminius der Befehlshaber der cheruskischen Hilfstruppen, schon als 23-Jähriger ist er mit dem Offiziersrang ausgezeichnet worden. Wohl kein Germane ist in dieser Zeit im römischen Heer höher aufgestiegen. Ausgerechnet Arminius, durch seine Vergangenheit und Karriere dazu prädestiniert, sich den Parteigängern Roms anzuschließen, der größte Gewinner der Umbrüche in Germanien, der Mann, den Augustus vor allen anderen Fürsten ausgezeichnet hat, sollte sich auf die Seite der Gegner Roms geschlagen haben?

Warum wird Arminius zum Verräter?

Über Arminius' Motive können wir nur spekulieren. Will er ein eigenes Reich, wie Marbod? Fühlt er sich von Varus im Kampf gegen rivalisierende Cheruskerfürsten im Stich gelassen? Fakt ist: Zwischen dem Jahr 8 n. Chr. und dem Hersbst des Jahres 9 n. Chr. kündigt Arminius Rom innerlich die Gefolgschaft auf.

Dabei aber geht er raffinierter vor als alle, die sich vor ihm gegen die Römer aufgelehnt haben. Statt offen den Aufstand auszurufen und damit den Legionen Gelegenheit zu geben, sich vorzubereiten, plant der Cherusker kühl den Verrat und weiht nur jene ein, auf die er sich verlassen kann und die sich dem Heer des Varus unverdächtig nähern können: die germanischen Hilfstruppen. Nichts dringt über seine Pläne nach außen. Und deshalb schenkt Varus der Warnung des Segestes keinen Glauben.

Der römische Heereszug, der am Morgen darauf in Richung Rhein aufbricht, ist mehr als zehn Kilometer lang. Hinter jeder Legion rumpeln ihre Gepäckwagen und treiben Knechte die Maultiere voran. Beim Tross laufen auch die Händler und Sklaven mit. Einige Einheiten der Hilfstruppen, die ebenfalls am Rhein ihre Lager haben, marschieren an der Spitze, darunter eine Abteilung Bogenschützen, die über die Feuchtigkeit in Germanien klagt, da die ihre aus mehreren Schichten Holz verleimten Bogen unbrauchbar mache.

Nach freundlichem Abschied ist Arminius aufgebrochen, um angeblich so bald wie möglich mit seinen zurückgerufenen cheruskischen Hilfstruppen zu Varus zu stoßen. Da sich der Statthalter im Gebiet befreundeter Stämme glaubt, lässt er seine Legionen ohne Flankensicherung marschieren.

Aufbruch ins Verderben

Wie ihm Arminius am Abschiedsabend geraten hat, schlägt Varus jene Route ein, die ihn von der Weser am Rand des Wiehengebirges entlang nach Westen führt. Ein Karrenweg mit mehreren parallel laufenden Spuren, je nach Gelände mal breiter, mal schmaler. Der Weg verläuft ohne größere Steigungen - eben deshalb wird er seit Urzeiten als leicht zu begehende Trasse genutzt. Heide, Äcker, Weiden wechseln ab mit waldigen Abschnitten. Meist sind es Eichen oder Buchen, unter deren dichten Kronen kaum Unterholz wächst. In den Bachtälern dagegen, in denen bei Bedarf von den römischen Pionieren Bohlen verlegt werden, um den Marsch des Heeres nicht stocken zu lassen, ist die Vegetation aus Erlen, Birken und Weiden abseits der Strecke fast undurchdringlich.

Quelle: Geo.de / Text von Ralf-Peter Märtin

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