30.04.09

Wird Kleopatra gefunden, hätten viele gelogen

Derzeit suchen Archäologen medienwirksam in dem Tempel von Taposiris Magna das Grab der ägyptischen Königin Kleopatra und ihres Geliebten Marcus Antonius. Der tatsächliche Fund wäre ein Desaster für die Geschichtsforschung. Denn alle Quellen widersprechen den Archäologen.

Als vor neun Jahren in Berlin der Neufund eines Papyrus präsentiert wurde, auf dem die ägyptische Königin Kleopatra – möglicherweise – ihr handschriftliches Signet hinterlassen hat, war ein gutes Dutzend Kamerateams vor Ort. Wie groß die Aufmerksamkeit sein dürfte, wenn ihr unberührtes Grab ans Licht käme, kann man sich unschwer vorstellen. Und wenn darin noch die Gebeine ihres Geliebten Marcus Antonius gefunden würden, es wäre eine Weltsensation.
Die Hoffnung darauf schürt kein Geringerer als Zahi Hawass. Der ebenso mächtige wie umtriebige Chef der ägyptischen Altertümerverwaltung inszeniert sein neuestes Projekt denn auch entsprechend. „Wir hoffen, die Grabstätte zu finden und zwar unversehrt“, gab er mit medienwirksamem Vorlauf zu Protokoll. Jetzt soll nun die Suche beginnen, die zur „größten Entdeckung des Jahrhunderts“ (Hawass) führen soll.

Bis dahin dürfte allerdings noch einige Zeit ins Land gehen. Denn das Grabmal, das da die Fantasie beflügelt, wird in 21 Metern Tiefe unter einem Tempel vermutet, der rund 50 Kilometer westlich von Alexandria auf einem Hügel liegt. Mit dem modernen Gerät sollen Röntgenaufnahmen noch in 70 Metern Tiefe möglich sein. Irgendwo da unten, ist sich die Archäologin Kathleen Martinez aus der Dominikanischen Republik sicher, befindet sich ein komplexes Tunnelsystem. An drei Stellen will ihr Team den Spaten ansetzen.

Seit drei Jahren gräbt Martinez in dem Tempel von Taposiris Magna. Der Fund von zehn Mumien, 22 Münzen mit dem Abbild Kleopatras sowie einer Maske, die möglicherweise Marcus Antonius darstellt, bewogen die Spatenforscher zu ihrer Annahme, auf die Spur des legendären Paares gekommen zu sein.

Hinzu kommt, dass es sich bei dem Tempel aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. wohl um einen heiligen Ort der Isis handelte. Im altägyptischen Mythos erweckte die Göttin ihren ermordeten Gemahl zu neuem Leben. Da sich Kleopatra im Leben ihren ägyptischen Untertanen auch als Inkarnation der Isis vorstellte, wäre ein Tempel der Fruchtbarkeitsgöttin auch ein ihr gemäßer Ort der letzten Ruhe. Soweit die hoffnungsvolle Spekulation.

Doch hinter dem Spiel mit publikumswirksamen Erwartungen verbirgt sich auch brisanter methodischer Zündstoff. Denn den erhofften Fund dürfte es nach Aussage der schriftlichen Zeugnisse überhaupt nicht geben. Berichten doch die wichtigsten Chronisten und Historiker übereinstimmend, dass Kleopatra in Alexandria beerdigt wurde und Antonius an ihrer Seite. Also angenommen, die Grabungen in Taposiris Magna würden den mumifizierten Körper der Kleopatra ans Licht bringen, es würde unsere Gewährsleute in einer Weise desavouieren, die das methodische Gerüst der althistorischen Forschung ins Wanken brächte.

Denn als Generallinie dient der Geschichtsschreibung die schriftliche Überlieferung. Im Fall von Kleopatras Kampf und Ende sind dies zudem erklärte Historiker, die ihre Schriften nach Maßstäben formten, die seit Jahrhunderten in der griechisch-römischen Welt erprobt wurden.

Sie berichten klar und in weiten Teilen übereinstimmend davon, wie der Caesar-Erbe Octavian 31 v. Chr. bei Actium die Flotte seines römischen Rivalen Marcus Antonius und der ägyptischen Königin Kleopatra vernichtete. Wie die beiden Liebenden ihre letzten Monate in endzeitlichen Orgien verbrachten. Und wie Antonius schließlich der feindlichen Übermacht vor Alexandria erlag.

Es sind Autoren der Weltliteratur, die uns ein ziemlich detailliertes Bild vom Endkampf schildern. Plutarch (um 45-125) stützte sich für seine Antonius-Biografie, die auch Shakespeare benutzte, auf zeitgenössisches Material, etwa den Bericht von Kleopatras Leibarzt Olympos. Die Weltgeschichte des Senators Cassius Dio (um 163-229) zählt zu den besten historischen Werken der römischen Kaiserzeit. Auch der Hofbeamte Sueton (um 70-130) steuert in seinen Kaiserbiografien Beobachtungen bei.

Alle Berichte stimmen darin überein, dass sich Kleopatra im Palastviertel von Alexandria aufhielt, als ihr Geliebter seine letzte Schlacht verlor. Antonius stürzte sich in sein Schwert, starb aber nicht sofort. Auf Befehl der Königin wurde er in ihr Mausoleum gebracht, in das sie sich zusammen mit ihren Schätzen und einigen Dienerinnen zurückgezogen hatte. Der schwer verletzte Antonius soll in ihren Armen gestorben sein.

Das alles geschah innerhalb weniger Stunden. Das schließt die Flucht der Königin und des Antonius durch die feindlichen Linien nach Taposiris Magna aus.

Cassius Dio berichtet ausdrücklich, Kleopatra habe ihr Mausoleum in den königlichen Gärten Alexandrias errichten lassen. Der Archäologe Michael Pfrommer hat das Grabmal rekonstruiert: ein monumentaler Bau, dessen zweiter Stock als Galerie ausgeführt war. Nach Plutarch öffneten sich die Fenster zum Meer hin. In der Nachbarschaft soll ein Isis-Tempel gestanden haben.

Mit einem Trick konnte Octavian Kleopatra gefangen nehmen und sich die Schätze sichern, die jene zu verbrennen gedroht hatte. Anschließend war der Sieger generös genug, ihr das prachtvolle Begräbnis des Antonius in ihrem Mausoleum zu gestatten. Dort wurde auch Kleopatra feierlich beigesetzt, nachdem sie sich mit einem Schlangenbiss oder Gift umgebracht hatte.

Nach Aussage aller Quellen fand das in Alexandrias Königsstadt statt, die ungefähr das nordöstliche Viertel der Metropole ausmachte. Für die Hoffnung, die Mumien des berühmten Paars sollten zig Kilometer westlich davon ans Licht kommen, sind also nur drei Gründe denkbar: 1. Die Leichen wurden nach der Beisetzung in Alexandria in das westliche Heiligtum gebracht, um sie etwa vor dem Sieger zu retten. 2. Die Leichen verschwanden vor ihrer Bestattung in Alexandria, so dass Octavian, um seine Milde vor aller Welt zu beweisen, eine Scheinbegräbnis inszenierte. 3. Die Quellen lügen.

Sollten sich in Taposiris Magna tatsächlich Beweise für Antonius und Kleopatra finden, wären die Alternativen zwei und drei fatal. Denn sie würden zum einen zeigen, wie sehr ein römischer Kaiser seine Geschichtsschreiber korrumpieren konnte, und zum anderen, dass diese keineswegs dem Ruf gerecht werden, in dem sie stehen.

Ein aktuelles Beispiel zu diesem Problem bietet ausgerechnet die Varusschlacht in ihrem 2000. Jubiläumsjahr. In einem Monat wird in Kalkriese die große Ausstellung eröffnet. Doch immer mehr Althistoriker nehmen mittlerweile an, dass auf dem seit Jahrzehnten ergrabenem Schlachtfeld nicht die Legionen des Varus, sondern Truppen des Germanicus 14-16 n. Chr. vernichtet wurden. Denn: Eine solche Erklärung passt besser zur schriftlichen Überlieferung eines Tacitus oder Cassius Dio.

Die wissenschaftliche Kritik an Zahi Hawass wird sich indes in Grenzen halten. Ägyptens Chef-Archäologe ist absoluter Herr über die Grabungslizenzen im Nilland. Und die wird niemand mit vorschnellen Urteilen in Frage stellen wollen.

Quelle: welt.de



ML Mona Lisa Spekulationen um die letzte Ruhestätte Kleopatras Sie war die letzte Königin des alten Ägyptens. Und die berühmteste. Ihre letzte Ruhestätte galt als verschollen. Bis jetzt, so scheint es. In Ägypten wollen Archäologen das Grab des sagenumwobenen Paares Kleopatra und Mark Anton entdeckt haben.

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