Zur selben Zeit als Schliemann Troja ausgrub, gab es in Ostpreußen unweit der Kurischen Nehrung eine Grabung Königsberger Archäologen, die erst heute dazu beitragen kann, die Geschichte der einheimischen Urbevölkerung, der Prussen, aufzudecken. Die Prussen tauchen erst in der überlieferten Historie auf, als sie mit Feuer und Schwert blutig vom Deutschen Orden im 12. und 13. Jahrhundert christianisiert wurden. Das Volk, das den Preußen ihren Namen gab, ging unter - aber nicht spurlos. Das 1865 bei dem kleinen Ort Wiskiauten im Samland entdeckte mittelalterliche Gräberfeld von 500 Hügelgräbern wird heute von russischen Archäologen ausgegraben. Auf die Suche nach der zugehörigen Siedlung hat sich seit drei Jahren ein interdisziplinäres Forscherteam begeben, unter der Leitung von Professor Claus von Carnap-Bornheim vom Archäologischen Landesmuseum Schleswig. Die Archäologen stoßen auf dem Gebiet der Prussen auf einen bisher unbekannten großen multiethnischen Knotenpunkt des internationalen Ostseehandels vom Atlantik bis Byzanz, vergleichbar der Wikingersiedlung Haithabu bei Schleswig. Die Bedeutung der Erfolge der russisch-deutschen Grabung wird nur verständlich vor dem Hintergrund der abenteuerlichen Geschichte der legendären Prussia-Sammlung. Die Königsberger Prussia-Sammlung mit den archäologischen Funden aus dem ehemaligen Ostpreußen, seit 1844 zusammengetragen, stellte vor dem Zweiten Weltkrieg eine der bedeutendsten und faszinierendsten Altertumssammlungen Europas dar. In den letzten Kriegsmonaten wurde die insgesamt fast eine halbe Million Funde und Archivalien umfassende Sammlung auseinander gerissen. Im Herbst 1944 wurden 125 Kisten mit Archivmaterial und 50.000 Objekten, auch aus der alten deutschen Grabung Wiskiauten, in zwei Eisenbahnwaggons von Königsberg nach Demnin in Vorpommern ausgelagert. Da befanden sie sich jahrelang auf dem Dachboden des Gutshofs Brook, bis ein an Archäologie interessierter 16jähriger Schüler ihren Wert erkannte, der örtliche Kaufmann sie zwischen seinen Vorratskisten versteckte und 1949 in die Ostberliner Akademie der Wissenschaften brachte. Dort war man sich schnell einig: Wenn die Russen davon erfahren, werden die Kisten sofort nach Moskau abtransportiert - wie der Troja-Schatz. Deshalb verbargen zwei Berliner Wissenschaftler die Prussia-Sammlung im hintersten Keller. Alle Beteiligten schwiegen 40 Jahre lang. Bis zur Wende erfährt niemand von dem als verschollen geltenden Schatz im Keller. Erst mit der Wiedervereinigung der Berliner Museen kam der Bestand, 50.000 Fundstücke und 80.000 Archivalien, an das Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin.
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