Wie in Manching mit modernster Technik eine versunkene Stadt aufersteht
Die wohl bedeutendste keltische Stadt nördlich der Alpen lag nahe Manching bei Ingolstadt. Mehrere Tausend Menschen lebten dort einstmals. Mit Georadar und Geomagnetik horchen moderne Archäologen in die Vergangenheit. - Feature am Dienstag, 16. September 2008, von Markus Tremmel.
Auf der Suche nach dem Stadtplan
Etwas mehr als 2000 Jahre ist es her, dass an der Donau ein seit dem 3. Jahrhundert vor Christus blühendes Zentrum aufgehört hat zu existieren. Die quirlige Siedlung Manching – im Lateinischen nannte man sie "Oppidum" (Festung) - ist vergangen, ihre Spuren aber existieren bis heute: Reste des sieben Kilometer langen Befestigungswalles und der Stadtmauer sind noch im Gelände zu erkennen. Und im Boden verborgen liegen - auf einer Kreisfläche von rund 380 Hektar – die alten Straßen und Häuser.
Archäologen haben in den 1950er Jahren begonnen, die keltische Siedlung durch Ausgrabungen zu erforschen. Obwohl nur rund 10 Prozent der Gesamtfläche archäologisch untersucht sind, ist das Oppidum Manching die am besten dokumentierte Keltenstadt in Europa. Der Markt Manching mit seinem Bedarf an Wohn- und Gewerbeflächen, der schon zu einem Großteil innerhalb des Oppidums gebaute EADS-Militärflughafen sowie eine intensive Landwirtschaft bedrohen die archäologische Substanz, weshalb nun ein Wettlauf mit der Zeit begonnen hat. Modernste Technik aber könnte neuerdings helfen, ohne Ausgrabungen den Plan der einstigen Großstadt zu rekonstruieren.
In 70 Nanosekunden in die Vergangenheit
Seit dem Frühjahr 2008 untersucht die Römisch-Germanische Kommission (RGK) des Deutschen Archäologischen Instituts in Zusammenarbeit mit der Uni Kiel die noch nicht ergrabenen und nicht überbauten Flächen des Oppidums mit Georadar und Geomagnetik. Beim Georadar werden von einem Bierkasten großen Gerät elektromagnetische Wellen in den Boden abgestrahlt, die an Schichtgrenzen und Hindernissen reflektieren und so auf einem Computerschirm Schatten hinterlassen. Je nach Laufzeit der Wellen und der Bodenbeschaffenheit lässt sich die Tiefe der angezeigten Ereignisse errechnen: In 70 Nanosekunden etwa ist man drei Meter oder – hier in Manching – 2300 Jahre in der Vergangenheit … Geomagnetik-Sensoren wiederum messen minimalste Abweichungen vom natürlichen Magnetfeld der Erde und zeigen so ebenfalls künstliche, durch Menschenhand hervorgerufene Bodenveränderungen an. So lassen sich Wegeverläufe erkennen, Gräbchen, Hofparzellen oder Gebäudegrundrisse.
Das Echo aus einer fernen Zeit
Quadratmeter für Quadratmeter nimmt so der mehrere Meter unter der heutigen Ackerfläche schlummernde Stadtplan nimmt wieder Formen an – ein Echo, das aus fernen Tagen kommt. Es sind solch feine Schatten, die das Geheimnis der Stadt enthüllen müssen, denn die originale keltische Bebauung bestand aus längst vergangenen Holzhäusern (nur die Stadtmauer leuchtete in weißem Jurastein weithin und ist bis heute auffindbar). Zusammen mit dem jetzt erforschten Layout der Siedlung und den bisher gemachten Funden (Keramik, Werkzeuge, Knochen, Münzen, etc) hoffen die Forscher, bald sagen zu können, wer in welchen Häusern gelebt hat: wo die Handwerker arbeiteten, wo die Bauern züchteten, wo die Stadtoberen saßen, wo die Tempel standen.
Deutsches Archäologisches Institut
Römisch-Germanische Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts
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Quelle: br-online.de
23.09.08
Das Echo der Kelten
Tags: Antike, Ausgrabungen, Kelten, Städte
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