17.01.09

Bevor die Römer kamen

Eine Sonderausstellung zu den späten Kelten im Bodenseeraum zeigt das Schweizer Museum für Archäologie Thurgau in Frauenfeld noch bis zum 29. März 2009. An der länderübergreifenden Ausstellung sind auch das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg, das Landesmuseum Liechtenstein und das Landesmuseum Vorarlberg beteiligt.

Im Bodenseeraum zeugte bisher vor allem das Doppel-Oppidum Altenburg-Rheinau unterhalb des Rheinfalls bei Schaffhausen von keltischer Besiedelung. Die dortige Siedlung umfasste zwei beiderseits des Rheins gelegene Halbinseln, die durch Abschnittswälle zu einem über drei Quadratkilometer großen Areal verbunden waren. Zahlreiche Funde, die als Importe aus dem Mittelmeerraum identifiziert wurden, sowie Funde aus den germanischen Gebieten im Norden belegen die Bedeutung der Nord-Süd-Route, die bei dem Oppidum den Rhein überquerte. Von hier stammt die in der Ausstellung gezeigte Statuette eines Ebers, das sogenannte Altenburger „Säule“ – eine kleine (Wild-)Sau aus Bronze.

In den letzten Jahren wurden im Bodenseeraum vermehrt Siedlungsspuren aus der letzten Phase der jüngeren Eisenzeit (La Tène: 150 bis 15 v. Chr.) gefunden. Erwähnenswert sind auf deutschem Gebiet die Gehöfte – sogenannte Viereckschanzen – von Riedlingen und Mengen-Ennetach an der oberen Donau oder die ländliche Großsiedlung von Anselfingen/Welschingen. Ebenso lieferten die stadtarchäologischen Untersuchungen in Konstanz Funde, die auf eine bedeutende Siedlung im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. schließen lassen. Die Ausstellung umfasst Themengebiete rund um die Siedlungen, wie Wirtschaft, Religion, Tod und Bestattung, die dank des umfangreichen Fundmaterials veranschaulicht werden. Zu sehen sind zahlreiche Kultgegenstände, etwa die Bronzekrieger von Balzers (Liechtenstein) oder der als Weihegabe an eine Gottheit im Moor versenkte Hortfund von Bad Buchau. Geborgen wurden dort 127 Fundstücke aus dem 2. oder 1. Jahrhundert v. Chr., von denen das Museum einige Waffenteile und Gefäße aus Eisen und Bronze zeigt.

Anhand von Funden aus Gräbern des 3. und 2. Jahrhunderts v. Chr. auf dem Gebiet des Kantons Thurgau erfahren die Besucher Näheres über die Bestattungsformen der Kelten. Aus einem Männergrab bei Schlatt/Basadingen-Dickihof stammen ein Schwert mit Scheide sowie eine Lanzenspitze aus Eisen. Eine keltische Goldmünze mit Lockenkopf und ein reich verzierter Glasarmring zeugen von den prunkvollen Grabbeigaben der Frauengräber.

Die frühen Handelsbeziehungen der Kelten zum Römischen Reich sind durch wertvolle Importfunde aus dem Mittelmeerraum wie Trinkgefäße, Siegelkapseln und Griffel aus Elfenbein und Weinamphoren belegt. Im keltischen Oppidum Rheinau wurden außerdem kleine blaue Klümpchen des mineralischen Farbstoffs „Ägyptisch-Blau“ gefunden, der im 1. Jahrhundert v. Chr. aus dem südlichen Mittelmeerraum importiert wurde. Verwendet wurde er von den Kelten wohl als Schminke. In der Ausstellung zu sehen ist auch der im Moor von Lauterach (Österreich) gefundene Silberschatz, der 23 römische Silberdenare aus der Zeit der römischen Republik sowie keltische Münzen und Ringe umfasst.

Mit weiteren Objekten thematisiert die Ausstellung das Ende keltischer Eigenständigkeit nach der Eroberung durch die Römer. So stammen die Funde aus dem Gebiet des Septimerpasses im heutigen Kanton Graubünden eindeutig vom Räterfeldzug unter Tiberius und Drusus um 16/15 v. Chr.: Die in den Schleuderbleien eingestempelten Zahlen weisen auf die von den Adoptivsöhnen des Augustus geführte 3. und 12. römische Legion hin. Ausgestellt werden auch Lanzenspitzen, Zeltheringe und Schuhnägel der römischen Soldaten. Einzelne Metallfunde zeigen das Ende der eisenzeitlichen Epoche im Bodenseeraum.

Nach der Eroberung durch die Römer übernahm die einheimische Bevölkerung zwar relativ schnell zahlreiche Techniken und Bräuche: Mauerwerk wurde nach römischem Vorbild errichtet und man benannte die keltischen Götter in Anlehnung an die römischen um. Einzelne Ausstellungsstücke zeigen jedoch, dass keltische Traditionen auch nach der Eroberung durch die Römer weiterlebten. Die hölzerne Stifterstatue von Eschenz (Schweiz) etwa zeigt einen Kelten mit langen Haaren und Mantel, wird aber in die Kaiserzeit datiert. Auch weisen Namen in Graffiti und die Formen reich bemalter Gefäße keltische Einflüsse auf.

Von Januar bis März gibt es begleitend zur Sonderausstellung Themenführungen, Lesungen zu keltischen Sagen sowie eine Filmvorführung zur Archäologie und ihren Nachbardisziplinen. Ein reich bebilderter Katalog mit Hintergrundtexten zum Thema: „Bevor die Römer kamen – Späte Kelten am Bodensee“ ist erhältlich im Museum für Archäologie Thurgau.


Quelle: damals.de

weitere Informationen im Internet:

archaeologie.tg.ch

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