06.06.09

6.6.1944: "D-Day"

Jahrelang hatte es zwischen den Westalliierten um die endgültige Entscheidung zu einer Großoffensive über den Ärmelkanal heftige Auseinandersetzungen gegeben. Eine Einigung kam zunächst auch nicht zustande, als die Sowjetunion forderte, in Westeuropa eine zweite Front zu errichten, um sie in ihrem verlustreichen Abwehrkampf gegen die deutsche Wehrmacht zu entlasten.

Erst Ende 1943 beschloss man in Teheran, für das folgende Frühjahr die "Operation Overlord" zu planen - die größte Landungsoperation der Militärgeschichte. Mehr als drei Millionen US-amerikanischer, britischer und kanadischer Soldaten konzentrierte man im Laufe der nächsten Monate in Südengland, um sie von dort an die nordfranzösische Küste überzusetzen. Zudem wurden für das riskante Unternehmen 10.000 Flugzeuge, rund 7000 Schiffe und Hunderte vom amphibischen und anderen Spezialpanzern bereitgestellt.

BBC-Sprecher John Snagge: "Der D-Day ist da. Heute früh begannen die Alliierten ihren Angriff an der Nordwest-Front von Hitlers europäischer Festung. (...) Unter dem Befehl von General Eisenhower und unterstützt von starken Luftverbänden begannen alliierte Seekräfte heute früh ihre Landung an der Nordküste Frankreichs."

Mit diesen Worten informierte ein BBC-Rundfunksprecher die Öffentlichkeit erstmals offiziell von der alliierten Operation am Morgen des D-Day, des Tages der Entscheidung, am 6.Juni 1944.

Ihr Beginn hatte sich noch um 24 Stunden wegen schlechten Wetters im Ärmelkanal verzögert. Beinahe hätte es den Abbruch des gesamten Unternehmens erzwungen. Schon vor Tagesanbruch waren Luftlandetruppen abgesprungen, wurden deutsche Küstenbefestigungen bombardiert und Kommunikationswege zerstört.

Utah, Omaha, Gold, Juno und Sword - so lauteten die Decknamen jener Strandabschnitte in der Normandie, auf die nunmehr eine riesige Flotte von rund 6500 Schiffen, darunter allein 4000 Landungsbooten, auf einer Breite von fast 100 Kilometern zusteuerte. Einen beklemmenden Eindruck von der Intensität des Kampfes vermittelt ein BBC-Bericht über Fallschirmjäger beim Absprung über einem Brückenkopf:

BBC-Reporter A. Melville: "Die Fallschirmjäger landen überall um mich herum, sie kommen von der Seeseite her und wehen herunter. Sie sind so etwa das Beste, was wir seit Stunden gesehen haben. Sie regnen herab - man kann es nicht anders sagen."

Am Endes des ersten Invasionstags hatte man mehr als 150.000 Soldaten mit Hunderten von Panzern an Land setzen können. Auch dank alliierter Luftüberlegenheit war es damit gelungen, Hitlers viel gerühmten "Atlantikwall" zu durchstoßen und erste Brückenköpfe zu bilden.

Mit 12.000 Toten, Verwundeten und Verletzten waren die alliierten Gesamtverluste niedriger als anfangs befürchtet - nicht zuletzt, weil der Angriff die deutsche Militärführung völlig überrascht hatte. Zwar wusste sie schon länger, dass eine Invasion bevorstand, doch nicht, wo und wann sie stattfinden sollte.

Auch über die Mittel war man sich uneinig, mit denen ihr zu begegnen sei. Wegen des schlechten Wetters rechnete man mit einer Verschiebung in den Sommer. Aufgrund erfolgreicher alliierter Ablenkungs- und Täuschungsmanöver wurden Angriffe zudem an der schmalsten Stelle des Ärmelkanals bei Calais erwartet, weshalb man dort die 15. Armee in Bereitschaft hielt.

Darüber hinaus wurden die deutschen Streitkräfte im Landesinnern zurückgehalten, statt sie in unmittelbarer Nähe der Küste zu stationieren, wie Feldmarschall Rommel es vergeblich gefordert hatte.

Dank dieser falschen Annahmen blieb der von den Alliierten befürchtete massierte Gegenangriff aus. Trotzdem war der deutsche Widerstand gegen die Erweiterung des alliierten Landekopfes größer als erwartet. Die Stadt Caen, deren Einnahme durch die Briten ursprünglich für den ersten Tag der Landung geplant war, fiel zum größten Teil zerstört erst am 9. Juli. Und auch der bereits für den 27. Juni geplante entscheidende Durchbruch ins französische Hinterland verzögerte sich noch bis zum 1. August.

Doch ändert dies auch im Rückblick nichts an der politisch-militärischen Bedeutung der Invasion. Mit ihr trat die Befreiung Europas von der Herrschaft Nazi-Deutschlands durch die Alliierten in ihre entscheidende Phase, wie es General Dwight D. Eisenhower, Oberbefehlshaber der Invasionsstreitkräfte, in seiner Rundfunkansprache am D-Day prophezeit hatte:

Dwight D. Eisenhower: "Völker Westeuropas. (...) Diese Landung ist Teil eines konzertierten Plans der Vereinten Nationen, Europa zu befreien - in Zusammenarbeit mit unserem großen russischen Alliierten. Ich richte diese Botschaft an Sie alle: (...) Die Stunde der Befreiung naht."

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